Im Alexa-Menü unter „Einstellungen/Alexa-Konto/History“ können Sie lückenlos nachlesen, wann in den vergangenen zwölf Monaten Ihr Wecker geklingelt hat und was Sie Alexa alles gefragt haben – auch wie oft Alexa Ihren Lieblingssong gespielt hat. Hier finden Sie noch weitere Informationen: von Ihren Aktivitäten über den Gerätestandort bis hin zu weiteren smart Devices in Ihrem WLAN.
„Alexa, Licht an!“ „Alexa, bestell Kaffee!“ „Alexa, was sind 19 Prozent von 123 Euro?“ „Alexa, wie lange brauche ich heute ins Büro?“ Und der Klassiker: „Alexa, spiel die Peer Gynt Suite!“. Dafür wartet Alexa permanent auf ein Aktivierungswort. Einmal ins Leben gerufen zeichnet sie die folgenden Worte auf und schickt sie in die Cloud. Dort werden die Sprachinformationen interpretiert, eine Antwort generiert und das Ganze via Datenpaket zurückgeschickt. Einen Sekundenbruchteil später steht der Designklotz Rede und Antwort. Ein Albtraum für Datenschützer, ein Wunschtraum für Digital Natives. Kritischer Mahner oder überzeugter Nutzer – dazwischen gibt es nicht viel. 200 Millionen Alexas und damit mehr als eine Milliarde Mikrofone sind rund um den Globus und rund um die Uhr auf Empfang. Small Alexa is watching you. Mehr noch: Alexa saves it all. Denn alle Ihre Sprachbefehle werden mitgeschnitten und unbegrenzt gespeichert.
Speichern und lauschen
Alexa-Kritiker weisen darauf hin, dass nicht nur Server, sondern auch Menschen mithören. Der amerikanische Mutterkonzern Amazon bestätigt, dass „vereinzelte Mitschnitte zur Verbesserung der Servicequalität“ von Angestellten abgehört und ausgewertet werden. Darunter befanden sich Liebesschwüre ebenso wie handfeste Auseinandersetzungen und medizinische Anfragen. In Zahlen: Rund 7.000 Amazon-Mitarbeiter haben laut Amazon-Manager Dave Limp Zugriff auf Ihre Audio-Aufnahmen. Sie werten insgesamt rund 0,2 Prozent aller Aufzeichnungen aus. Freilich nicht, um zu lauschen, sondern um die Spracherkennung und die darauf basierenden Services zu optimieren.
Im Alexa-Menü unter „Einstellungen/Alexa-Konto/History“ können Sie lückenlos nachlesen, wann in den vergangenen zwölf Monaten Ihr Wecker geklingelt hat und was Sie Alexa alles gefragt haben – auch wie oft Alexa Ihren Lieblingssong gespielt hat. Hier finden Sie noch weitere Informationen: von Ihren Aktivitäten über den Gerätestandort bis hin zu weiteren smart Devices in Ihrem WLAN.
Geschäftsmodell Amazon
Das ist glaubwürdig. Denn wem sollte Amazon diese Informationen auch verkaufen? Der Konzern bildet längst ein eigenständiges Handels- und Logistik-Universum und kann seinen Datenschatz selbst vergolden. Amazon bietet die unterschiedlichen Alexa-Modelle konsequent zum Selbstkostenpreis an und verdient vor allem mit den verbundenen Dienstleistungen. Dazu zählen beispielsweise Amazon Music, aber natürlich auch die Amazon-Plattform selbst. Bei der Gewichtung, wer mehr über Sie weiß, liegt Amazon klar vor Alexa: Mit jedem Einkauf verraten Sie auf der Plattform nicht nur Ihre Adresse und Kreditwürdigkeit, sondern auch noch Ihren Kleidungs- und Einrichtungsstil sowie Ihre Lieblingsbücher und -filme. Da ist Amazon aber nicht allein: Nutzer von Rabattsystemen wie Payback oder DeutschlandCard machen sich genauso transparent – für durchschnittlich ein halbes Prozent Ersparnis.
Freund hört mit
Ohne Aktivierung bleibt Alexa passiv: Messungen bestätigen, dass sie im Mithörmodus tatsächlich nichts sendet. Aber kann Alexa gehackt werden? Ja, auch dazu gibt es Beispiele. Entweder über die Installation bösartig modifizierter Apps; Skills genannt. Oder durch einen Brute Force-Angriff auf Ihren Router bzw. das Heimnetzwerk. In Zeiten zunehmender Homeoffice-Konfigurationen eine steigende Gefahr: Sicherheitsexperten verzeichnen monatlich mehrere Millionen automatisierte Hackerangriffe auf private Router. Sollte so ein Angriff erfolgreich sein, ist das Abhören via Alexa aber Ihr geringstes Problem. Dann nämlich hat der Hacker Zugriff auf alle Ihre Daten – und in Abhängigkeit Ihrer Zugangsrechte eventuell auch noch auf Firmendaten.
Vom Heimnetz in die Firmen-IT
Wer kann sonst noch mithören? Bisher gab es nur vereinzelte Anträge von Staatsanwaltschaften auf die Herausgabe von mitgeschnittenen Alexa-Gesprächen. Allerdings hat sich der Gesetzgeber zugunsten von Verfassungsschutz, Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten bereits für erweiterte staatliche Zugriffsmöglichkeiten ausgesprochen. Aber auch hier ist Alexa bestenfalls ein sekundäres Ziel. Ein Bundestrojaner auf dem Handy ist für interessierte Lauscher wesentlich komfortabler und aussagestärker. Und wer Privates über Sie erfahren möchte, findet das bei Facebook chronologisch übersichtlich geordnet.
Unterm Strich
Alexa ist umstritten – als Datenschleuder eignet sie sich aber nicht. Andere Medien und Geräte wissen und sagen viel mehr über sie. Nur wenn Sie sich konsequent von allen digitalen Kommunikations- und Einkaufskanälen fernhalten und auf Karten, Handy und andere Smart Devices verzichten, bleiben Sie tatsächlich undurchschaubar. Aber was wäre ein Leben ohne Web, Facebook und Amazon?